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Mittwoch, 2. September 2009

Mit vollem Körpereinsatz


Gestern hab ich einen interessanten Mailwechsel mit einer mir lieb gewordenen Leserin geführt, in dem es unter anderem um eigene Charaktere und deren Glaubwürdigkeit ging. Sie sagte, sie würde nicht gern Geschichten lesen, in denen allzu deutlich heraussticht, dass die weibliche Protagonistin eine fiktionale Kopie der Autorin darstellt.

An diesem Punkt habe ich mich allerdings gefragt, ob es denn überhaupt möglich ist, sich selbst bei der Erschaffung eines Charakters außen vor zu lassen. Es ist etwas anderes, wenn man beschließt, eine Fanfiction mit Self-Insert zu schreiben und demnach bewusst die eigene Persönlichkeit oder gar Geschichte in Worte zu fassen. Das ist meiner Meinung nach völlig legitim und für mich nicht automatisch eine Mary-Sue. Eine Mary-Sue wirds erst, wenn ein flacher Charakter ohne Ecken und Kanten bei rauskommt, den alle toll finden, lieben und...na ja, ihr wisst schon.

Eine Geschichte kann durchaus gut sein, auch wenn sie offensichtlich jede Menge Self-Inserts enthält. Eine Mary-Sue wirds erst, wenn man die eigenen persönlichen Schwächen dabei unterschlägt, wenn man sich selbst sozusagen in der Fiktion stilisiert und in ein besseres Licht rückt. Denn wie jeder wissen dürfte, ist niemand perfekt. Perfektion ist furchtbar langweilig und öde. Das will doch keiner lesen. Also...ich zumindest nicht. Auch der Autor ist es nicht, umso verschlagener wäre es, sich selbst die Hauptrolle im eigenen Werk zuzuschreiben und gänzlich auf vielleicht nicht ganz so sympathische/hässliche Eigenschaften zu verzichten.

Dann gibt es noch den unbewussten Self-Insert, den so ziemlich jeder FF-Autor mit Sicherheit schon gebracht hat und von dem man auch öfters die berühmte Floskel hört: "In jedem meiner Charaktere steckt ein Teil von mir drin". Und es ist meiner Meinung nach auch richtig. Zu einem gewissen Grad ähneln uns die eigenen Charaktere immer, die einen mehr, die anderen weniger, und wenn es nur in ihren Frühstücksgepflogenheiten Ausdruck findet. Und warum ist das so? Ich denke, weil wir einen persönlichen Bezug zu unseren Charakteren brauchen, um wirklich in der Lage sein zu können, gedanklich in sie hineinzuschlüpfen, sie reden, reagieren und handeln zu lassen. Irgendwann fangen Charaktere immer an, ihr eigenes Ding zu machen; dann hält man nicht mehr die Fäden in der Hand. Aber ein gewisser Zugang ist denke ich schon wichtig, dem Charakter den eigenen Fundus an Erfahrungen einzuspeisen und einen Teil von sich selbst darin zu verewigen, ist wie eine Art Signatur im Text.

Der Charakter, der bisher am weitesten von mir persönlich entfernt war, ist wohl Elena Clementine aus "Blutiges Handwerk". Ich schrieb in einem früheren Eintrag, dass es für mich schwierig ist, ihr Wesen nachzuvollziehen und zu erfassen, dass es für mich selbst wie ein Kennenlernprozess mit einem völlig fremden (und stellenweise sehr unsympathischen) Charakter ist. Trotzdem hat auch sie etwas von mir. Wenn auch nicht viel, aber da ist definitiv was vorhanden. Einen Charakter in der Hauptrolle agieren zu lassen, mit dem man sich absolut gar nicht identifizieren kann, den man vielleicht sogar verabscheut, ist ein schwieriges Unterfangen. Mit Sicherheit nicht unmöglich, aber eben doch eine größere Herausforderung, als den Menschen einfließen zu lassen, den man am besten zu kennen meint - nämlich sich selbst.

Wie sich das mit Robyn, Finn und mir verhält, weiß ich nicht. Es macht auch nichts, wenn der eine mehr oder weniger von einem selbst in sich trägt - fatal finde ich es erst dann, wenn man ein und denselben Charakter nur unter anderem Namen wiederholt in seine Geschichten einstreut, wenn man sich nicht traut, auch mal Eigenschaften anzuschneiden, die einem selbst womöglich völlig abgehen. Natürlich ist das schwieriger, als eine bekannte Palette abzufassen, aber das macht gerade den Reiz aus. Jeder Charakter ist ein Individuum, wie ein Mensch draußen vor unserer Haustür, jeder mit eigenen Macken, Vorlieben, Eigenschaften, Stärken und Schwächen. Das macht es gerade so spannend. Kein Grund also, Klonexperimente an den eigenen Charakteren durchzuführen.

Kapitel 3 ist eben fertig geworden mit einem doch recht fiesen Ende...Finn kann ein ganz schöner Arsch sein. Aber er kann noch schlimmer. Und wird zweifelsohne auch. Aber das heb ich mir für später auf. Kommt gut durch die verbleibende Wochenmitte!

Stoffi

2 Kommentare:

KathysSong hat gesagt…

Warum sollte so manch Chara nicht einem selbst ähneln? So lange ich mir zB darüber bewusst bin, dass ich da gewaltig Self-Insertion betreibe, auf meine Erfahrungen, Erlebnisse und Gefühle zurückgreife, finde ich es vollkommen in Ordnung, einem Chara dadurch Leben einzuhauchen. Wie du also schon gesagt hast *lach*

Unser Leben formt uns wohl dann doch viel zu sehr, als dass wir vermeiden könnten, diese Aspekte nicht beim Schreiben einfließen zu lassen. Es sei denn, wir halten uns für dermaßen ausgezeichnete Autoren, dass wir uns über die Dinge stellen, Self-Insertion betreiben, autobiographische Züge einfließen lassen - und es dann auf Teufel komm raus negieren. "Ich? Was in die Geschichte einflechten? Ja niemals, das machen doch nur Hobby-Autoren!"

Und von wegen einen Plot in zig verschiedene Geschichten einbringen (Strickmuster sind doch was Feines, oder): da amüsiert es mich auch am meisten, wenn der betroffene Schreiberling es entweder nicht merken will oder... was ich für wahrscheinlicher halte... da schön ins Selbstbelügen abdriftet und den Plot was etwas vollkommen Neues verkauft...

Stoffi hat gesagt…

Ich seh das genauso wie du. Man kann sich selbst nicht ausklammern, wenn man ne Geschichte schreibt, das wäre so, als würde man sein Hirn und Herz beim Schreiben ausschalten und das geht einfach nicht. Solange sich nicht alle eigenen Charaktere bis aufs Haar gleichen, ist das vollkommen in Ordnung. Na, und ich denke, gerade die Profis betreiben ne Menge Self-Insert. Man schaue sich nur mal King an. Niemand kann aus seiner Haut und sollte es besser auch gar nicht versuchen. Das nimmt so manchem Charakter die Glaubwürdigkeit. Und wie gesagt, solange man sich selbst nicht glorifiziert, bzw. keine Sue draus strickt, ist das nichts, was es zu vermeiden gilt.

Es gibt Genres, da sind originelle Plots einfach rar. Damit hab ich mit meiner Schmonzette auch zu hadern. Aber ich gebs zu, dass ich nicht das Rad neu erfinde. In Anbetracht dessen, dass das kaum einer macht, empfinde ich das als nicht weiter tragisch :)

Danke für deine lieben Worte *knuffel*