...dass Menschen, die sich noch vor einem Monat gehasst und sich die Augen ausgekratzt haben, plötzlich mit Kosenamen ansprechen? Wie kann es sein, dass diese Menschen ihre Ansichten um 180° drehen, sobald der andere beschließt, mit heuchlerischen Schmeicheleien aufzuwarten? Oder ist alles nur Fassade, ein Teil des Spiels?
Es heißt, wenn man schreibt, sollte man darauf achten, dass sich die eigenen Charaktere treu bleiben, charaktertypisch handeln und möglichst nicht unlogisch ins Geschehen eingreifen. Alles muss begründet sein in der Welt der Fiktion. Oder zumindest Raum lassen, damit der Leser sich die Gründe denken kann. Wie skurril ist es dann bitte, wenn Charakter in der realen Umwelt mit einem Mal völlig verändert sind? Hund und Katze in einem Moment noch balgen, im nächsten sich in den Armen liegen? Manchmal wünschte ich mir, der Glaubwürdigkeitsanspruch an den menschlichen Charakter würde in der Realität genauso bestehen wie in der Fiktion. Die unglaubwürdigsten und schlechtesten Plots scheint das Leben selbst zu schreiben.
Die Frage ist nur, welche Rolle man in diesem Roman übernimmt, ob man Skeptiker bleibt oder aber genauso falsch spielt wie seine Mitmenschen.
Die Frage beschäftigt mich nicht nur, weil ich es wie gesagt beobachtet habe, wie falsch der Mensch sein kann, sondern weil es in der Fiktion im Grunde um nichts Anderes geht, als das Publikum bestmöglich zu belügen, zu schmeicheln, zu heucheln und letztlich zu enttäuschen, indem die Handlung eine unerwartete Wendung nimmt. Fiktion ist frei erfunden, eine Lüge. Aber die Kunst besteht darin, in all dem Geflecht aus Falschheit ein Körnchen Wahrheit aufzupicken...vielleicht jenes Körnchen, dass der Realität abhanden gekommen ist...
erst mal geschlossen
vor 12 Jahren
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