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Donnerstag, 1. Januar 2009

Ausgeliefert...

...bin ich gerade dem Willen meiner Charaktere. Voll und ganz. Ich denke, jeder, der zum Stift greift und eine längere Geschichte schreibt, kennt den Punkt, an dem man als Autor vom Marionettenspieler zur Puppe wird. Irgendwann erzählt sich eine Geschichte selbst, die Charaktere entwickeln ihr Eigenleben und lenken den Plot in Richtungen, die man sich nie erträumt hätte. Dass sich alles wie vollautomatisiert schreiben lässt, erlebte ich bei Scar Tissue etwa ab dem 5ten Kapitel. Bis dato hatte die Geschichte nur in ihrer Rohfassung existiert und ich war noch sehr von Unsicherheit geplagt, ob "The Dark Knight" wirklich so mein Metier sein wird. Ich weiß immer noch nicht, ob ich in dieses Genre gehöre, aber ich habe wahnsinnig viel Spaß an der Story. Soeben ist Kapitel 18 fertig geworden und Scar Tissue zählt mittlerweile mehr als 300 Seiten und knapp 200,000 Wörter. Ich genieße es, fast wie ein Zuschauer hinter dem Laptop zu sitzen und dabei zuzuschauen, wie sich die Geschichte von allein spinnt und alle Fäden miteinander verknüpft werden.

Ich schreibe seit einiger Zeit völlig ohne jede Leserreaktion. Die zwei Menschen, die ich mit dem Probelesen betraut habe, kommen kaum hinterher (oder haben nur keine Lust dazu, das weiß ich nicht). So gut und wertvoll Einschätzungen und Meinungen zum Geschriebenen auch sind, ich habe gefallen daran gefunden, mit hinter mir verschlossener Tür zu schreiben. Ich glaube auch das ist es, was die Arbeit so rein und ehrlich macht. Ich richte mich nach keinem Lesergeschmack, weiß nicht, was der Leser bei dieser oder jenen Wendung denkt und empfindet, aber vermisse es auch während des Schreibrprozesses nicht. Vielleicht habe ich zu oft den Fehler begangen und zu oft und zu früh meine Orientierung auf die Leser in den Archiven gelegt und mich von ihren Einschätzungen beeinflussen lassen. Jetzt schreibe ich so, wie ich schreiben will, experimentiere und hab viel Freude daran, wenngleich mir manche Passagen mit dem Joker schon einmal beim Schreiben eine Gänsehaut bescheren und ich mir selbst manchmal nicht mehr geheuer bin. Ich weiß nicht, ob ich ihn filmgerecht treffe oder nicht vielleicht doch völlig an ihm vorbeischreibe, aber der Joker, der durch meine Zeilen tanzt, sich dreht und wendet und nicht einmal meinen Regeln gehorchen will, ist mir schon so manches Mal recht unheimlich geworden.

Es heißt, in jeder Figur, jedem Charakter steckt ein Teil des Autors selbst drin. Doch fiktionale Charaktere - ob eigene oder "entliehene" - sind nicht nur Projektionsfläche unserer selbst. Wir können genauso von ihnen lernen, sie fürchten und ihnen ausgeliefert sein. Wenn dieser Punkt in einer Geschichte erreicht und überschritten ist, will man nicht mehr aufhören. Sondern nur noch schreiben, schreiben, schreiben. Und das werde ich jetzt wieder tun.