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Dienstag, 27. Oktober 2009

Verbale Vermittler


Mir ist einmal mehr aufgefallen, wie verwandt mein Studienbereich mit dem Schreiben an sich ist. Ich schöpfe von Sitzung zu Sitzung neue Erkenntnisse und Perspektiven auf das Schreiben, ohne dass das Schreiben Thema ist. Fakt ist, dass das Übersetzen von Texten kein Kinderspiel ist und insbesondere im literarischen Bereich sehr viel Fingerfertigkeit abverlangt wird. Es gilt nicht nur, den Inhalt des entsprechenden Buches zu vermitteln oder stupide Zeile für Zeile in eine andere Sprache zu übertragen. Stil, Ausdruck, Metaphern, Charakterisierungen, kulturelle Implikationen...all das spielt mit ein. Und, nicht zu vergessen: Der Übersetzer kopiert nicht einfach den Stil des Autors. Absolute Loyalität zum Quelltext ist ein Ammenmärchen; als Übersetzer muss man allem voran improvisieren und kreative Lösungen finden können, wenn man textualen Schwierigkeiten begegnet. So z.B. Wortspiele oder Redewendungen, zu denen es kein Äquivalent in der Zielsprache gibt; kulturelle Andeutungen oder Fremdwörter, die der Leser nicht nachvollziehen kann.

Der Übersetzer ist in diesem Sinne nicht bloß ein Vermittler von Texten, denn das kann die berühmte Google-Maschine auch zu mehr oder eher weniger befriedigendem Ausmaß; nein, er ist in gewisser Weise selbst Autor, der seiner Arbeit einen eigenen Stil aufdrückt. Es ist leicht, sich über deutsche Übersetzungen englischer Texte zu beschweren, vieles geht zwangsläufig im Prozess der Übertragung verloren. Aber es ist in meinen Augen schlichtweg vermessen, Kritik zu üben, wenn man keinerlei Einblick in die Materie hat. Ich muss gestehen, ich bevorzuge Texte auch in ihrem Original, aber das bedeutet deswegen nicht, dass die Übersetzung dem nicht ebenbürtig ist. In manchen Fällen ist die Übersetzung sogar stellenweise besser gelöst als das Original.

In anderen Sprachen zu schreiben ist reizvoll und ich habe mich auch oft darin versucht (die meisten Sachen schmoren auf meiner Festplatte), aber richtig sattelfest und zu Hause ist man glaub ich nur in seiner Muttersprache. Daher muss ich immer ein bisschen schmunzeln, wenn in Archiven Übersetzungsbörsen aufgemacht werden und jeder behauptet, dieser Arbeit fähig zu sein. Sprachkenntnisse zu haben bedeutet nicht, dass man ein guter Übersetzer ist und mir blutet ein wenig das Herz, wenn ich sehe, mit was für einer Arroganz streckenweise mit dem Thema umgegangen wird. Mit Kritik sind manche erstaunlich schnell bei der Sache. Ist auch bequemer, als einen Blick hinter die Fassade zu werfen und sich zu fragen, warum eine Übersetzung so ist, wie sie ist.

Ich bin neulich von einer amerikanischen Leserin angeschrieben worden, die über nur geringe Deutschkenntnisse verfügt und daher Google-Übersetzer zur Hilfe genommen hat, um im Blutigen Handwerk zu lesen. Sie fragte mich, ob ich, wenn ich denn fähig dazu sei, meine eigene Geschichte übersetzen könnte, damit sie diese auch mal lesen kann. So reizvoll das auch klingt, aber mir fehlt leider die Zeit und mit Sicherheit auch die Erfahrung. Allerdings würde ich wohl eine eigene Übersetzung einer Fremdübersetzung vorziehen. Ich weiß, was ich mir bei gewissen Szenen gedacht habe und warum ich dieses oder jenes genau so formuliert habe. Und ich würde nicht wollen, dass diese Andeutungen verloren gehen. Überhaupt ist es ein schönes Gefühl, wenn man auch ein potentielles Publikum und Interessenten außerhalb deutscher Gestade hat, ohne dass man mehr machen musste als zu schreiben. Bin nicht mit dem Klingelbeutel von Haus zu Haus gezogen. Schön, dass es noch Leute gibt, die um des Lesens willen lesen, die sich so für eine Geschichte begeistern können, selbst wenn sie sie nicht hundertprozentig verstehen. Das Internet hat viele Türen aufgemacht und obwohl wir nicht immer die gleiche Sprache sprechen, ist es gut zu wissen, dass es Mittel und Wege der Kommunikation gibt. Schließlich zeigt uns der Alltag immer öfter, dass wir keine Fremdsprache sprechen müssen, um uns nicht verstehen zu können. In dem Falle hilft dann leider auch kein Übersetzer.

Meine Geschichten übersetzen...so spannend das auch klingt, aber das ist etwas, das ich momentan nicht ins Auge fassen würde. Der Arbeitsaufwand ist immens und meine Zeit ist rar, sodass ich sie doch lieber fürs Schreiben selbst investiere. Dass es umgekehrt durchaus eine erfolgreiche Praxis sein kann, aus dem Englischen (oder anderen Sprachen) zu übersetzen, hat uns wohl die Übersetzung von Lady Rheenas HdR-Fanfictions gezeigt. Ich wage keinen Trend in dieser Hinsicht vorauszusagen, aber es ist mit Sicherheit auch für einen FF-Autor toll, im Ausland gelesen zu werden. Ich bin mir jedenfalls sicher, dass sich Lady Rheena damals nicht über ihre zahlreichen Reviews beschwert hat, die meines Wissens nach für sie übersetzt wurden. Man muss Fanfiction nicht in sprachlich eingeschränkten Feldern betrachten; es ist wie das Internet selbst allmählich eine Kommunikationsform geworden, die Grenzen überschreiten kann. Und das kann nur im Sinne des Erfinders sein.

Soviel von mir.

Stoffi