BLOGGER TEMPLATES AND TWITTER BACKGROUNDS

Samstag, 16. Mai 2009

Die bunte Welt der Charaktere


Wenn ich etwas in den vergangenen sieben Jahren, in denen ich schon schreibe, lieben gelernt habe, dann ist es der Ausbau von Charakteren. Die Kunst besteht meiner Meinung nach darin, die eigenen Charaktere einander nicht zu sehr anzugleichen, will heißen, nicht die Kopie der Kopie der Kopie in jeder neuen Story wieder aufzuwärmen. Dass Charaktere Gemeinsamkeiten, vielleicht sogar gravierende Ähnlichkeiten haben, ist zwar legitim, aber wenn ich eine neue Geschichte mit einem neuen Protagonisten lese, will ich nicht das Gefühl haben, dass derselbe Charakter bloß einen neuen Namen verpasst bekommen hat. So seltsam der Mensch auch ist, aber wenn ihn etwas ausmacht, dann sind es seine charakteristischen Eigenarten, Marotten, Stärken, Schwächen, seine Vergangenheit, seine Erziehung, sein Umgang mit anderen Menschen. Und die sind beileibe nicht alle gleich. Am deutlichsten stelle ich das an meinen drei momentanen Protagonistinnen fest. Am gravierendsten ist wohl der Unterschied zwischen Erin und Elena, und ich war erleichtert, als ich Stormys Worten entnehmen konnte, dass die beiden wirklich ein bisschen wie Tag und Nacht sind. Ich wollte mit Elena nicht zwingend ein Komplementär zu Erin erschaffen, aber es ist schlicht und ergreifend so, dass es ihre Rolle in der Geschichte nicht vorsieht, das "Opfer" eines intriganten Psychospiels zu sein, wie es Erin eher ist, sondern Elena bringt genügend Eigenarten mit, um aktiv das Geschehen zu beeinflussen. Sie sieht völlig anders aus als Erin, ist von ihrer ganzen Wesensart her anders. Während Erin eher (und nicht zuletzt wegen ihrer Stummheit) zurückhaltend und harmoniebedürftig ist, geht Elena schon wesentlich aggressiver zuwerke. Sie scheut keine Konflikte, sucht sie vielleicht sogar, ist nicht auf den Mund gefallen und schon leicht aufbrausend/cholerisch, wenn die falschen Leute die falschen Wörter in den Mund nehmen. Es ist nicht leicht, für sie Sympathie zu empfinden und obwohl ich weiß, dass es wichtig ist, dass der Leser den Protagonisten gut leiden oder zumindest nachfühlen kann, kann und will ich sie nicht anders schreiben. Ich würde sie so nur verfälschen, wie sie meinen Gedanken entsprungen ist und das will ich eigentlich nicht. Wenn's nicht so gut ankommt, tut mir das leid, aber ist mir ehrlich gesagt auch *hust* Schnuppe, denn die liebenswerten, halb perfekten Charaktere, in die man sich 1:1 hineinversetzen kann, gibt es zuhauf, da muss man halt was anderes lesen.

Es heißt, jeder eigens geschaffene Charakter hat etwas von seinem "Schöpfer", und sei es nur eine Eigenart, vielleicht ein Teil des eigenen Aussehens oder ein Detail wie ein Kleidungsstück, Ausdrucksweise, Vorlieben, Ängste, Antipathien, etc. ...aber ich muss sagen, dass mir ein Charakter noch nie so unähnlich war, wie es Elena ist. Aus ihrer Sicht zu schreiben ist ein bisschen so eine Art Kennenlernprozess. Ich schaue in sie hinein und beobachte, und bin immer wieder von neuem erstaunt, was sie mir so preisgibt. Man glaubt, man erschaffe Charaktere, aber im Grunde entdeckt man sie nur, wird von ihnen überrascht, übertölpelt, ist vielleicht sogar entsetzt, wenn sie ihre dunklen Seiten zeigen. Kontrolle ist auch hier eine Illusion. Zumindest für mich. Ich mache mir nicht vor, länger irgendwelche Stränge in den Händen zu halten, die Puppen tanzen von allein und ich werd vom Marionettenspieler zum Zuschauer degradiert. Es ist wundervoll und es funktioniert mit eigenen Charakteren wie auch mit entliehenen, sobald man die Charaktere verinnerlicht hat. Sogar Bruce Wayne, mit dem ich persönlich eher weniger Sympathie verbinde, ist mir mittlerweile sehr lieb geworden, vom Joker ganz zu schweigen.

Das war nicht immer so. Gerade wenn ich an die Anfänge zurückdenke...oh Gott, so sehr mir meine HdR-Babies auch am Herzen liegen, aber gerade bei "Haltet den Dieb!" ist Charakterisierung irgendwie...nicht wirklich ausgeprägt *lach* Komisch, dass mir die Story und deren Fortsetzung bisher die meisten Reviews eingebracht hat. Ich schien mal sowas wie massentauglich gewesen zu sein, schwant mir. Gut, es war auch ein größeres Fandom als die, in denen ich mich jetzt vorübergehend bewege, aber trotzdem werde ich wohl nie mit der Story zufrieden sein. Ich schäme mich nicht dafür, um Himmels Willen, jeder fängt mal an und ich weiß, dass ich noch sehr viel dazulernen kann und hoffentlich auch werde, aber ich weiß auch nicht, ob eine Überarbeitung was bringen würde. Denn meiner Meinung nach haperts schon am Plot, an der Charakterisierungstiefe...will heißen, ich müsste nicht nur ein paar Szenen umschreiben, sondern die ganze Story und dazu fehlt mir sowohl Lust und Zeit. Manchmal wünschte ich mir mehr Selbstdisziplin und Perfektionismus, Stormy kann mir da gern ne Scheibe abgeben. Na ja, ich glaub, das "Original" würd ich sowieso online stehen lassen. Nicht wegen der Reviews, sondern weils irgendwie auch schön ist, zu sehen, wie man angefangen hat. An den geschriebenen Geschichten sieht man (so hoffe ich jedenfalls) einen Entwicklungsprozess und da gehören auch die Peinlichkeiten der Vergangenheit dazu, ist doch ganz normal.

Ich merke jetzt jedenfalls, wie mir Charakterisierung wichtiger wird, genauso wie Dialoge. Beides ist meines Erachtens keine Stärke von mir, aber wenn ich schaue, wie intensiv sich eine meiner Meinung nach brillante Autorin wie Stormy damit auseinander setzt, wird jemandem wie mir klar, wo noch die eigenen Defizite liegen. Und die kann man eigentlich nur "beheben", wenn man sich dem stellt und übt, übt, übt. Es ist nicht schlimm, Schwächen zu erkennen und einzugestehen. Viel schlimmer ist es, wenn man sich für unfehlbar hält und kritikunfähig ist, obwohl man bestenfalls im qualitativen Mittelmaß rangiert. Daher...scheut bitte nicht davor zurück, zu meckern und mir auf die Finger zu hauen. Ich will lernen, mich verbessern. Und Leser sehen einfach viel mehr als man selbst, weil man ab einem gewissen Punkt betriebsblind wird.

Ach herrje, jetzt hab ich schon wieder so viel gelabert, bitte entschuldigt. Wenn sich mein Gedankenkarussell einmal dreht, lässt es sich schwer bremsen. Bevor ich mich dem 18ten Kapitel des Handwerks widme, ehe ich nachmittags zwei kleine bekloppte Schildkröten in deren Gartengehege geleite und später vielleicht meine schon lange nicht mehr gesehene Tante wiedersehe, wünsche ich euch einen schönen, hoffentlich nicht so wolkenverhangenen Samstag!

Stoffi

2 Kommentare:

Storm{X}Padmé hat gesagt…

Erstmal hau ich dich jetzt gleich *G*. Gerade was Charakterisierung angeht, bist du ungeschlagener Meister, also hoer auf, von Defiziten zu sprechen *ignoriert einfach mal so gut wie moglich, dass sie grad wie ne Tomate anlaeuft*.

Wegen Elena mach dir mal keine Sorgen... Ich weiss net, wie's anderen geht, aber um nen Charakter zu moegen, muss er bei mir nicht liebenswert sein. Ich liebe interessante Charaktere, tiefsinnige, und auch n guter Boesewicht reisst mich vom Hocker. Elena hat ihre Ecken und Kanten, und es is wie gesagt n bissl schwer, mit ihr Mitleid zu haben, aber das heisst nicht, dass es unmoeglich is. Und ich bin sicher, sie wird mir auch bald noch ne Ecke sympathischer werden ;). Das is in keinster Weise ne Schwaeche der Story, im Gegenteil, wie du schon sagst, es is wichtig, unterschiedliche Charaktere zu schaffen. Gerade da kommt wieder ne Schwaeche von mir durch *seufz*. Ich glaub, besonders viel Mut zur Unterschiedlichkeit hatte ich da noch nie bei meinen Protagonistinnen *seufz*.

Ich drueck dich, Suesse, mach dir nicht zuviele Gedanken- dass du eine Autorin der Sonderklassin bist, das bring ich schon noch in dein kleines huebsches Koepfchen rein ;).

Stoffi hat gesagt…

Also ich weiß nicht, ich hab immer das Gefühl, meinen Charas fehlt was, weiß auch nicht. So intensiv wie in Scar Tissue hab ich mich vorher noch nie damit auseinander gesetzt und daher ist das für mich Neuland. Du gehst da mit so viel Liebe rein, da hat man wirklich den Eindruck, diese Personen könnte es so wirklich geben. Meine Protagonistinnen waren ne zeitlang auch sehr ähnlich konstruiert, bis ich mal den Kreis durchbrechen wollte. Das Ergebnis ist Elena und obwohl sie ein echtes Miststück ist, hab ich sie einfach gern. Ich habs nicht so aufgefasst, dass du sie nicht magst, aber ich finds schwierig, sie als Menschen sympathisch zu finden. Also wenn es sie jetzt wirklich geben würde. Danke für deine Worte, Stormy! Die muntern mich immer wieder auf! *drück*