Diese weise Erkenntnis stammt von keinem Geringeren als Stephen King, einer meiner Lieblingsautoren, auch wenn mein Prof mich dafür sicherlich gern an den Marterpfahl genagelt hätte, weil ich fast alle von Kings Werken verschlungen und zum Großteil auch gemocht habe. King ist nicht nur ein außergewöhnlicher Autor, er versteht das Schreiben als Handwerk und hat in seinem nicht fiktionalen Buch "On Writing" einem jeden (Hobby-)Schreiberling ein paar Tipps mit auf den Weg gegeben, die wirklich den Kern des Pudels treffen. So auch den Hinweis, der bereits im Blogtitel festgehalten wurde, dass man, wenn man keine Zeit hat, zu lesen, unmöglich die Zeit und die nötigen Instrumente besitzen kann, um selbst zu schreiben.
Ich liebe Bücher und ich bin froh, wenn ich über ein Juwel stolpere, das ich einfach nicht aus der Hand legen kann. Doch genauso habe ich Phasen, in denen ich einfach nicht lesen kann, weil ich mich einfach nicht gut genug konzentrieren kann. Dann schwirren in meinem Kopf zumeist zu viele Gedanken um den berühmten Plotbunny herum, der mal wieder aus seinem Käfig ausgebrochen ist und seiner eigenen Wege hoppelt; dann kommen mir neue Ideen, die ich unbedingt aufschreiben muss, aus Angst, den Gedanken später nicht 1 zu 1 rekapitulieren zu können, nachdem ich fertig gelesen habe. Und so macht das Lesen meiner Meinung nach auch keinen Sinn. Lesen ist nichts, was man zwischen Tür und Angel machen sollte. Das haben zumindest die wenigsten Werke verdient. Selbst bei Fanfictions bin ich dieser Meinung. Denn nur, weil sie als "Fanfictions" deklariert werden, heißt das nicht, dass in ihnen keine Arbeit steckt, nichts Originelles oder keine eigene Kreativität enthalten ist. Fanfiction bedeutet, sich an einem vorhandenen Genre zu bedienen, sich Charaktere und meist auch das Setting zu leihen, natürlich. Aber es bedeutet gleichzeitig auch, Charaktere nicht nur in die eigene Story zu kopieren, sondern ihnen Leben einzuhauchen, sie so darzustellen, wie sie im Original präsentiert werden. Und das, will ich behaupten, ist manchmal schwieriger als sich eigene Figuren auszudenken.
Auf den Gedanken bin ich gekommen, als ich gestern eine meiner favorisierten Stories gelesen habe. Ich lese nicht viele Fanfictions kontinuierlich weiter. Genaugenommen im Moment nur 3. Der geneigte Leser wird wissen, dass es manchmal schon schwierig ist, wirklich gute und vor allen Dingen gleichbleibend gute Stories zu finden. Das sind nicht immer die beliebtesten. Meistens tummeln sie sich versteckt zwischen den bekanntesten Autoren mit den größten Fanzahlen, manchmal haben sie gar kein Feedback erhalten, was sehr schade ist, aber nichts über die Qualität der Geschichte aussagt. Um den Faden nicht zu verlieren: In dieser Story - die demnächst auch in meinen Empfehlungen erscheinen wird, sobald ich etwas mehr Zeit aufbringen kann, mich diesem Blog zu widmen - kann man richtig herauslesen, wie viel Mühe dahinter steckt, Charaktere eines bereits existierenden Fandoms darzustellen. Ich muss anmerken, dass die Autorin dies fabelhaft versteht, gerade im Vergleich zu so vielen anderen Geschichten, die im gleichen Fandom erscheinen.
Ich erwarte nicht, dass in einem Fandom immer zu 100 Prozent der Charakter der entliehenen Figur getroffen wird. Das ist vielleicht auch gar nicht möglich, schließlich eröffnet einem die Fanfiction einen individuellen Zugang zu einem Buch, einem Film oder zu Personen; zwangsläufig ist Charakterdarstellung immer eine Angelegenheit, die dem subjektiven Empfinden untergeordnet ist. Dennoch erwarte ich von einer Fanfiction, die nicht unter "Parodie" oder "Klamauk" veröffentlicht wird, ein gewisses Maß an Charaktertreue. Zumindest sollte man einige der Figuren nicht nur daran wieder erkennen können, weil ihr Name auf dem Bildschirm erscheint.
Fanfictions werden sehr oft belächelt. Klar, bei so viel Mist, der einem manchmal auf der Suche entgegenschwirrt. Aber hinter jeder noch so popeligen Story steht ein Gedanke, manchmal sogar (wie es auch wünschenswert ist) Herzblut und viel Arbeit. Deshalb denke ich, dass man sich als Leser auch Zeit nehmen sollte, wenn man Fanfictions liest. Es sind keine Bücher, es sind keine Bestseller. Aber es sind Geschichten, die bewusst in dem Moment mit der Öffentlichkeit geteilt werden, in dem sie online erscheinen. Und mal ehrlich - sie unterhalten uns manchmal besser als ein schnödes Buch. Um den Bogen zum Anfang meines doch etwas ausgearteten Posts zu spannen: Natürlich kann man nur über die Mittel verfügen, die das Schreiben bedarf, wenn man selbst liest. Aber um gut schreiben zu können, muss man auch gut lesen können.
erst mal geschlossen
vor 12 Jahren
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